Der Neue Markt schrumpft - Kaum Hoffnung für Aktionäre (Zus)
Frankfurt (vwd) - Gleich dreimal erhielten die am Neuen Markt engagierten
Anleger am Freitag Hiobsbotschaften: Die Heyde AG, Bad Nauheim, die Condat
AG, Berlin, und die Kretztechnik AG, Zipf, verlassen das so genannte
Wachstumssegment. Ob nun Sparmaßnahmen oder Übernahmeangebote dafür den
Ausschlag gaben, die Aktien aller drei Unternehmen werden aus dem Fokus der
Anleger verschwinden, wenn sie am Ende nicht ganz vom Börsenzettel
verschwinden. Zum Teil riesige Kursaufschläge am Freitag verdecken nicht,
dass einige Anteilseigner nun die Hoffnung aufgeben müssen, ihre beim
Börsengang investierten Mittel jemals wieder zurückzubekommen.
Mit einem Kurssprung um mehr als 150 Prozent auf 11,80 EUR reagierte die
Condat-Aktie, nachdem die Texas Instruments Inc zwölf EUR pro Anteilsschein
des deutschen Spezialisten für Mobilfunk-Software geboten hat. Aktionäre,
die seit dem Börsengang vor anderthalb Jahren dabei sind, hatten für die
Erstemission 22 EUR je Papier bezahlt. Vorstand und Aufsichtsrat der Condat
AG hielten das jetzt vorgelegte Angebot für fair und angemessen und
empfehlen den Aktionären deshalb die Annahme, ließen sie verlauten.
Neue Perspektiven ergeben sich für die Gründungsaktionäre von Condat. Sie
wollen zwar ihren 56,2-prozentigen Anteil an Texas Instruments verkaufen.
Doch der US-Konzern hat vor allem Interesse an dem Geschäftsbereich Wireless
Communications Solutions. Die weiteren Geschäftszweige will Texas Industries
an die Gründungsaktionäre zurückverkaufen. Als neu gegründete
Aktiengesellschaft sollen diese Bereiche dann weitergeführt werden. Die
Hälfte der Condat-Mitarbeiter wechselt zu Texas Instruments, der andere Teil
zur neuen Gesellschaft.
Weniger positiv sieht die Zukunft für die Mitarbeiter von Heyde aus. "Wir
denken intensiv über einen weiteren Personalabbau nach", sagte ein Sprecher
des IT-Dienstleisters ohne sich zum Umfang der Maßnahmen zu äußern. Bei dem
Unternehmen sind mehr als 50 Prozent des Grundkapitals aufgezehrt, hieß es
von Heyde am Vormittag. Deshalb werde unverzüglich eine Hauptversammlung
einberufen. Um den Erfolg einer Restrukturierung nicht durch eine
Fortführung der kostenintensiven Notierung am Neuen Markt zu
beeinträchtigen, strebe Heyde ein Segmentwechsel an den Geregelten Markt an.
Derzeit weist Heyde noch flüssige Mittel von drei bis fünf Mio EUR aus.
Zusammen mit der aufgestockten Kreditlinie sei dies ausreichend, um das
operative Geschäft in den nächsten Monaten weiterzuführen, versichert ein
Unternehmenssprecher. Das Unternehmen will sich künftig ausschließlich auf
die Bereiche Supply Chain und Financial Services konzentrieren und sieht den
Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit in Deutschland. In der Folge werden die
verlustträchtigen Aktivitäten in Großbritannien, Brasilien und Spanien
aufgegeben. Der Korrekturbedarf für die defizitären Niederlassungen dort
liegt bei über 25 Mio EUR.
Auf dem Niveau eines Penny-Stocks angekommen reagierte die noch im
NEMAX-50 notierte Heyde-Aktie am Mittag mit einem Plus von mehr als zehn
Prozent auf 0,42 EUR. Geringer als bei Condat und Heyde fallen die Verluste
bei Kretztechnik bei ihrem Ausscheiden aus dem Neuen Markt aus. Die Aktie
des österreichischen Medizintechnikunternehmens notiert nach einer Emission
zu 21 EUR seit März 2000 im deutschen Wachstumssegment. Der
Hauptgesellschafter GE Lighting/Plastics Austria GmbH bietet den
Minderheitsaktionären jetzt ein Barabfindungsangebot von 17 EUR je
Stückaktie. Das Unternhemen solle in eine offene Handelsgesellschaft
umgewandelt werden, teilte Kretztechnik mit.
vwd/1.3.2002/jhe/rio