Infineon braucht bald neuen Spieleinsatz
Langsam wird es eng für Infineon-Chef Ulrich Schumacher. Die
Chip-Firma des begeisterten Sportwagen-Fahrers steuert
offenbar rasant auf einen Liquiditätsengpass zu. Eine weitere
Kapitalerhöhung ist angesichts der desolaten Börsenlage nicht
drin. Bleiben noch Kreditlinien, deren Anspruchnahme die Bilanz
noch stärker belasten würde. Die starke Konzentration auf
Speicherchips droht den Münchnern zum Verhängnis zu
werden. Fällt der Kurs weiter, könnten sich vor allem die
Konkurrenten Micron und Samsung freuen.
Aus jeder Flaute werden neuen Gewinner geboren.
Ulrich Schumacher hoffte, einer davon sein. Mit
einem scharfen Fokus auf Speicherchips, Halbleiter
für die Telekombranche und die Automobilindustrie
sollte Infineon eine Spitzenposition in Europa
einnehmen. Ein Großteil des Umsatzes kommt aus
dem Geschäft mit Speichern. Dort haben sich aber
aufgrund massiver Überkapazitäten die Preise
gezehntelt. Viele Unternehmen hatten vor Jahren auf
die anziehende Nachfrage mit dem Bau neuer
Fabriken reagiert.
Schumachers Hoffnung war anscheinend, länger als
die Konkurrenz durchhalten zu können. Die Sparte
brachten den Münchnern zuletzt mehr Verluste als
Umsatz. Zunächst sah es so aus, als gehe Schumachers Strategie auf. Japanische
Elektronikkonzerne waren gezwungen, ihre Chipproduktion einzustellen. Im
Wettbewerb mit den taiwanesischen und koreanischen Konkurrenten hatten sie
aufgrund erheblich höherer Fertigungskosten das Nachsehen. Ein jArbeiter in den
japanischen Chipfabriken verdiente ungefähr das siebenfache seines koreanischen
Kollegen.
Wer will noch mal wetten?
Bei Infineon versuchte man, die Schwäche der japanischen Hersteller in neue
Marktanteile umzumünzen. Geplant wurde eine Allianz mit dem japanischen Hersteller
Toshiba. Nun scheinen aber Infineon die Mittel zum Durchhalten auszugehen. Bei der
jüngste Kapitalerhöhung hatten sich noch Großanleger gefunden, die auf eine
Erholung der Chipindustrie wetten wollten. Bei dem düsteren Branchenausblick wird
sich dies nicht wiederholen.
Gegen die günstiger produzierenden Anbieter Micron und Samsung scheinen die
Münchner kein Bein auf den Boden zu bekommen. Die könnten sich angesichts der
stark gefallenen Marktkapitalisierung überlegen, ob sie nicht den ungeliebten
Konkurrenten aus den Markt boxen. In der vergangenen Krise fiel das
Speicher-Chip-Geschäft von Texas Instruments in die Hände von Micron.
Infineon hat fast alle Finanzierungsoptionen
ausgeschöpft. Für eine Kapitalerhöhung werden sich
nach den Kursverlusten keine Abnehmer finden lassen.
Der Anteil an einem Gemeinschaftsunternehmen mit Osram wurde bereits versilbert.
Die Bilanz ist ebenfalls kein schöner Anblick, der sich bei Inanspruchnahme von
Kreditlinien noch weiter verschlechtern wird. Gleichzeitig drohen Verluste von bis zu
600 Mio. Euro je Quartal aufzulaufen, zwei Drittel davon aus dem Speichersegment.
Bis Schumacher eine überzeugende Lösung für die Krise vorstellt, droht der
Aktienkurs weiter zu fallen.
Gruß Otti...