Ich bin eben gerade die ellenlange Diskussion über die Steuervorteile hier im Forum durchgegangen, nachdem ich schon lange nicht mehr auf den Wert geschaut hatte. Habe mal per "Rechnung auf dem Bierdeckel" versucht, das ganze grob zu quantifizieren, da die Diskussion hier ja ein wenig einem Glaubenskrieg ähnelt und niemand das ganze per DCF o.ä. berechnet hat.
Die Zahlen für die folgende Rechnung sind nur flüchtig aus finanzen.net und einem boersengefluester-Artikel erspäht und daher sicher verbesserungswürdig. Über kritische Korrekturen bin ich daher dankbar. Es soll wirklich nur ein erster Versuch einer Valuierung unter Berücksichtigung der Sonderposten sein und nicht eine genaue Bewertung.
Also, IVU hat momentan eine Marktkapitalisierung von 63,1 Mio. EUR. Das 2015er EBIT ist auf boersengefluester mit 4,7 Mio. EUR geschätzt worden (übernehme das hier der Einfachheit halber mal, ohne dies selbst einschätzen zu können). Das Nettoergebnis wird ebendort auf 4,5 Mio. EUR geschätzt. Ohne Herausrechnung der Sonderfaktoren ergibt sich also ein KGV von 63,1 / 4,5 = 14.
Wenn man jetzt um die beiden Sonderfaktoren Net-Cash (positiv) und zukünftiges Wegfallen des Steuervorteils (negativ) bereinigen will, ist ein Weg dies zu tun, den Barwert der Sonderfaktoren von der Marktkapitalisierung (bzw. dem EBIT) abzuziehen. Bei Net-Cash ist dies schnell geschehen. In dem boersengefluester Artikel wird das Net-Cash als 10 Mio. EUR angegeben, daher haben wir eine um Net-Cash bereinigte Kapitalisierung von 63,1 - 10,0 = 53,1 Mio. EUR.
Komplexer ist es beim Steuervorteil. Ein Weg (unter mehreren äquivalenten) ist, den Barwert des Steuervorteils von der Marktkapitalisierung abzuziehen, dafür dann aber entsprechend auch ein um Steuervorteile bereinigtes Nettoergebnis für die KGV-Berechnung heranzuziehen. Wir gehen also in zwei Schritten vor.
Aus der Diskussion im Forum hier entnehme ich, dass der Steuervorteil ca. 8 Jahre anhält, wobei in den ersten beiden Jahren gar keine Steuern gezahlt werden müssen (Vorteil: 30% vom EBIT) und in den restlichen 6 Jahren nur 10% Steuern gezahlt werden müssen (Vorteil: 20% vom EBIT). Bei einem EBIT von 4,7 Mio. beträgt der 30%-Vorteil also 1,4 Mio. EUR pro Jahr und der 20%-Vorteil beträgt 0,9 Mio. EUR pro Jahr.
Für die Berechnung des Barwertes müssen diese Vorteile zurückdiskontiert werden auf heute (wobei allerdings auch berücksichtigt werden muss, dass das EBIT in Zukunft wohl steigen wird). Für die Diskontierung nehme ich einen Diskontzins von 7% an (entsprechend der durchschnittlichen historischen Rendite von Aktien). Was das EBIT-Wachstum angeht, gehe ich mal konservativ von 4% pro Jahr aus. Dadurch ergibt sich mit ein wenig Rechnerei ein Barwert der Steuervorteile von 7,7 Mio. EUR
(Achtung: dieser Barwert basiert auf nur losen Forumsangaben zur Höhe des Steuervorteils; möglichweise kann man diese Berechnung mithilfe der echten Bilanzdaten genauer machen.)
Wenn wir jetzt den Wert dieses Steuervorteils von der bereinigten Kapitalisierung abziehen, erhalten wir einen adjustierten Enterprise Value von 53,1 - 7,7 = 45,4 Mio. EUR.
Als nächstes müssen wir im Gegenzug dann auch das Nettoergebnis um die (nicht gezahlten) Steuern bereinigen. Bei einer Steuerquote von 30% würde das adjustierte Ergebnis daher auf 4,5 - 4,7*0,3 = 3,1 Mio. EUR sinken.
Nun kann man das um Net-Cash und Steuervorteil bereinigte 2015er-KGV berechnen, was sich aus der Division von bereinigter Kapitalisierung um bereinigtes Ergbnis ergibt, also 45,4 / 3,1 = 14,7.
Wie bereits gesagt, sind die verwendeten Zahlen einfach nur aus boersengefluester und Forum hier gezogen. Korrekturen sind daher sehr willkommen. Was die Rechnung zeigt ist, dass man das Wegfallen des Steuervorteils in 8 Jahren nicht unterbewerten sollte. Es ist sicher ein lange anhaltender Effekt, aber das hier errechnete bereinigte KGV ist dennoch höher, als man vom Bauchgefühl vielleicht meinen sollte.
Letztlich suggeriert die Rechnung, dass die zukünftigen Kosten des Wegfalls des Steuervorteils leicht größer sind als der Wert des gegenwärtigen Net-Cash Bestands (da das um beide Faktoren adjustierte KGV mit 14,7 leicht höher ist als das komplett unbereinigte KGV von 14).
Persönlich erscheint mir IVU auch mit einem effektiven KGV von 14,7 weiter unterbewertet. Insbesondere wegen möglicher Skaleneffekte und des antizyklischen, wachsenden Sektors. Auch das Management erscheint sehr solide.
Hoffe ich habe bei der Rechnung selbst keine Fehler gemacht. Schönes Wochenende!
(P.S.: Ich bin nicht in IVU investiert, was sich aber ändern könnte, wenn der Kurs weiter fällt.)