USA: Inhalatives Insulin zugelassen, © rme/aerzteblatt.de
Montag, 30. Juni 2014
Rockville – Die US-Arzneibehörde FDA hat – sieben Jahre nach der Marktrücknahme von Exubera – erneut ein inhalatives Insulin zugelassen. MannKind, die Firma eines fast 90-jährigen Milliardärs, darf Afrezza in den USA vermarkten. Der Pharmakonzern Pfizer hatte im Oktober 2007 das Handtuch geworfen nachdem sich latente Sicherheitsbedenken mit einem wirtschaftlichen Misserfolg gepaart hatten. Das inhalative Kurzzeit-Insulin, das den Patienten die schmerzhafte Injektion von Insulin vor den Mahlzeiten ersparen sollte, erwies sich in der Anwendung als umständlich und für Patienten mit vorbestehenden Lungenerkrankungen als ungeeignet. Die Diskussion um eine mögliche Entwicklung von Lungenkrebs trug ebenfalls nicht zur Popularität des Mittels bei, dessen Zusatznutzen für Kostenträger, Verordner und Patienten nicht erkennbar war.
Die in Valencia/Kalifornien ansässige Firma „MannKind“ von Alfred Mann, der durch die Entwicklung der Insulinpumpe Minimed reich geworden ist, möchte es jetzt besser machen. Afrezza muss zwar wie Exubera über einen Inhaler eingeatmet werden. Die Bindung des Insulins an kleine Partikel aus Fumaryl-Diketopiperazin („Technosphere“) beschleunigt aber die Resorption, so dass das Mittel erst unmittelbar vor der Mahlzeit angewendet werden muss (Exubera 10 Minuten früher). Außerdem ist eine komplizierte Umrechnung der Insulineinheiten nicht erforderlich, die bei Exubera Kopfzerbrechen und Dosierungsfehler auslösen konnte.
Die klinische Wirksamkeit und Sicherheit konnte der Hersteller in klinischen Studien an 1.026 Patienten mit Typ 1-Diabetes und 1.991 Patienten mit Typ 2-Diabetes nachweisen. Beim Typ 1-Diabetes wurde Afrezza über 24 Wochen mit dem schnell wirksamen Insulin aspart verglichen, jeweils in Kombination mit einem Basalinsulin. Die Reduktion des HbA1c-Werts war mit Afrezza (plus Basalinsulin) zwar signifikant geringer als mit Insulin aspart (plus Basalinsulin), der Unterschied lag aber unterhalb der vorgegebenen Non-Inferioritätsmarge von 0,4 Prozentpunkten. Beim Typ 2-Diabetes wurde Afrezza mit oralen Antidiabetika kombiniert, wobei Afrezza erwartungsgemäß eine bessere Wirkung erzielte als die Kombination aus oralen Antidiabetika und Placebo.
Die FDA ließ sich auch von der Sicherheit des Medikaments überzeugen, das laut einem umrahmten Warnhinweis „Boxed Warning“ jedoch einen akuten Bronchospasmus auslösen kann und bei Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen wie Asthma oder COPD kontraindiziert ist. Die FDA versieht Afrezza mit einer „Risk Evaluation and Mitigation Strategy“, die sicherstellen soll, dass die Patienten über das mögliche Risiko eines akuten Bronchospasmus informiert werden.
Der Hersteller wurde verpflichtet, weitere Studien zur Pharmakokinetik und eine Studie zum möglichen Lungenkrebsrisiko durchzuführen. In den Zulassungsstudien waren zwei Patienten an Lungenkrebs erkrankt. Beide waren Raucher, so dass eine kausale Zuordnung nicht möglich war. Nach dem Ende der Studie sind laut der US-Fachinformation jedoch zwei weitere Lungenkrebserkrankungen bei Nichtrauchern aufgetreten. Beide Male handelte es sich um Plattenepithelkarzinome, deren Pathogenese mit einer chronischen Schleimhautreizung in Verbindung gebracht wird. © rme/aerzteblatt.de