Aktionäre treiben TV-Kabelfirma Primacom an Rand der Insolvenz
Von Kristina Spiller, Hamburg
Die Aktionäre des hoch verschuldeten Mainzer Fernseh-Kabelnetzbetreibers Primacom haben sich gegen den Verkauf des Firmenvermögens an ihre Gläubiger, den Finanzinvestor Apollo und die Bank JP Morgan, gestellt. Jetzt werden harte Verhandlungen erwartet.
Die Anleger lehnten auf der Hauptversammlung am Mittwoch das Angebot der Hauptgläubiger ab, die unter der Primacom-Holding zusammengefassten Kabelnetze zu übernehmen. Die beiden Unternehmen wollten die Kosten der AG-Auflösung tragen und 5 Mio. Euro an die Aktionäre zahlen.
Die Ablehnung treibt Primacom an den Rand der Insolvenz. Noch am Mittwoch hatte der Vorstand ein Gutachten vorgestellt, wonach das Unternehmen mit fast 200 Mio. Euro überschuldet sei. Demnach müsste das Management bis Ende Juni Insolvenz anmelden. Doch vor allem in Folge der 15 Prozent starken Stimmkraft des Großaktionärs Wolfgang Preuss und der Kritik der Schutzgemeinschaft der Kapitalalanleger (SdK) hatten die Anleger am Mittwoch dem Vorstand das Vertrauen entzogen. Zudem wechselten ein SdK-Vertreter und Preuss in das Kontrollgremium.
Hohe Entschädigung verlangt
Sie können damit nun den Vorstand auswechseln, noch bevor er Insolvenzantrag stellt, denn beide sind nach eigenen Angaben nicht von der Überschuldung der Firma überzeugt. Wie es im Firmenumfeld hieß, pocht Preuss auf eine höhere Entschädigung durch die Gläubiger. Er habe bereits vor der Hauptversammlung mit Apollo über die Zahlung von 10 Mio. Euro verhandelt, nach der er dem Verkaufsvertrag zustimmen würde. Die angebotene Summe hätte Preuss nur rund 700.000 Euro eingebracht. Zu den jetzigen Aussichten für das Unternehmen sagte er am Mittwoch der FTD: "Apollo will keine Insolvenz, der Vorstand nicht, JP Morgan nicht, die Aktionäre nicht. Was macht man da? Man verhandelt."
Um ihre Position zu stärken, hat die SdK auch einen Sonderprüfungsantrag gestellt, die Kreditverträge mit den Banken und das Zustandekommen des Vertrages mit Apollo und JP Morgan zu prüfen. Dem gaben die Aktionäre statt. In Gläubigerkreisen hieß es am Mittwoch, dass eine Insolvenz kaum abzuwenden sein dürfte. Ein höheres Angebot an die Anteilseigner sei nicht zu erwarten. Allerdings gingen Finanzkreise auch nicht davon aus, dass etwa JP Morgan seine Kredite fällig stelle.
"Es bahnt sich eine Schlacht an, es sei denn, es kommt zu einer Einigung zwischen Preuss und Apollo", heißt es im Umfeld des Unternehmens. Noch könne Preuss unter anderem auf die Unwirksamkeit der Bankkredite klagen, die Primacom in die Schuldenfalle getrieben haben.