ftd.de, Mo, 16.12.2002, 10:50, aktualisiert: Mo, 16.12.2002, 13:29
Abgeltungssteuer soll 100 Mrd. Euro in Eichels Kasse spülen
Bundeskanzler Gerhard Schröder und Bundesfinanzminister Hans Eichel haben ihre Pläne zur Abgeltungssteuer auf Zinserträge weitgehend konkretisiert. Ihr Vorstoß rief seit dem Wochenende ein überwiegend positives Echo hervor.
Kanzler Schröder geht nach einer Einführung einer Abgeltungssteuer von einem erheblichen Rückfluss von Kapital aus dem Ausland aus. Er halte Kapitalrückflüsse von über 100 Mrd. Euro für realistisch, sagte Schröder nach einer Sitzung des SPD-Präsidiums am Montag in Berlin. Die Abgeltungssteuer auf Zinserträge solle 25 Prozent betragen. Illegal im Ausland angelegtes Kapital könne bis Ende des kommenden Jahres bei einem Steuersatz von 25 Prozent nach Deutschland zurück transferiert werden. Bis zum 30. Juni 2004 gelte dann ein Steuersatz von 35 Prozent. Nach Worten von Finanzminister Eichel ist weiterhin eine Selbstanzeige notwendig, um einer Strafverfolgung zu entgehen.
Schröder sagte, die Bundesregierung halte eine Abschaffung des Bankgeheimnisses und die Einführung von Kontrollmitteilungen weiter für notwendig. Er gehe davon aus, dass der Bundesrat der Abgeltungssteuer zustimmen werde. Laut Eichel plant die Bundesregierung neben der Abgeltungssteuer keine weiteren Steueränderungen. Eine entsprechende Frage beantwortete Eichel am Montag mit Nein. Er habe keine weiteren Steuerpläne: "Das gilt."
Schröder: Arbeitsmarktreform greifbar
Schröder hält eine rasche Einigung im Streit um die Arbeitsmarktreform für möglich. "Wir haben den Eindruck, dass man sich auf einem guten Weg befindet", sagte er. Das gelte sowohl für die Regelungen zu Leih- und Zeitarbeit als auch zur Ausweitung der Minijobs. Beide Seiten hätten zum Ausdruck gebracht, dass sie "sich bewegen wollen und sich bewegt haben und wir gehen davon aus, das es gelingen kann, heute zu einer Einigung zu kommen", so Schröder.
Den SPD-Steuerstreit hält der Kanzler für beendet. Mit seinem Vorschlag zur Zinsbesteuerung sei die Diskussion über die Neuauflage der Vermögensteuer vom Tisch, sagte weiter. Die Einnahmen teilten sich Bund, Länder und Kommunen; sie sollten in die Bildung fließen. Damit wäre eine Forderung der SPD-Länder, die die Vermögensteuer wollten, erfüllt.
Vermögenssteuer: Simonis gibt die Eiserne Lady
Die rot-grünen Pläne sind bei Ländern, Opposition und der Finanzwirtschaft auf breite Zustimmung gestoßen. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) begrüßte die erwogene Abgeltungssteuer mit einem einheitlichen Steuersatz von 25 Prozent. Allerdings müsse dies mit einer Senkung des Spitzensteuersatzes einhergehen, sagte Koch am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Sabine Christiansen". Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) nannte die Pläne in derselben Sendung einen "guten Schritt in die richtige Richtung".
Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) stimmt einer pauschalen Abgeltungsteuer zu, will aber an ihren Plänen für eine Vermögensteuer festhalten. "Für mich sind das zwei Paar Stiefel", sagte Simonis dem "Flensburger Tagblatt". "Zwar würde die Abgeltungssteuer helfen, die Staatseinnahmen zu stabilisieren, und sie wäre vor allem für Personen mit hohem Einkommen interessant. Aber sie ist keine Ländersteuer." Die Gewerkschaften IG Metall und Verdi beharren ebenfalls auf einer Neuauflage der Vermögensteuer.
Banken loben politische Entscheidung
Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken, Christoph Pleister, nannte die neuen rot-grünen Steuerpläne eine "politisch mutige Entscheidung". Die Finanzwirtschaft im In- und Ausland gebe der Bundesregierung dafür einen "großen Pluspunkt", sagte der Banker bei "Sabine Christiansen". Dies bedeute einen "Vertrauensschub" für die deutsche Finanzpolitik.
Ralph Solveen von der Commerzbank und Ulrich Beckamann von der Deutschen Bank äußerten zugleich aber Zweifel am Sinn von Kontrollmitteilungen. "Ein wenig unverständlich scheint mir aber, dass es zugleich auch Kontrollmitteilungen geben soll - die wären dann doch eigentlich überflüssig", sagte Solveen. Es sei im Übrigen schwer zu schätzen wie viele Milliarden aus dem Ausland zurück flössen.
bye peet