München, 19. Mai (Reuters) - EU-Wettbewerbshüter Mario Monti will einem Bericht zufolge die Rettung des angeschlagenen Alstom (Paris:
FR0000120198 - Nachrichten) -Konzerns an die Bedingung knüpfen, dass dieser binnen zwei Jahren Kooperationen mit "starken industriellen Partern" eingeht. Damit würde dem an Teilen des französischen Konzerns interessierten Traditionsunternehmen Siemens Anzeige
die Tür für eine Zusammenarbeit geöffnet.
Das "Handelsblatt" berichtete am Mittwoch, Artikel wonach ein Einstieg der Münchener bei Alstom vom Tisch seien, würden in Brüssel als haltlos bezeichnet. Die Europäische Kommission werde ihre Entscheidung voraussichtlich am Donnerstag veröffentlichen. Bis dahin solle Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac seine grundsätzliche Zustimmung für mögliche Partnerschaften mit Siemens (Xetra:
723610.DE - Nachrichten - Forum) oder anderen Konkurrenten wie General Electric (NYSE: GE - Nachrichten) , Mitsubishi und Bombardier geben.
Allerdings ergänzte die Wirtschaftszeitung zugleich in ihrer Internet-Ausgabe, Siemens plane eine Klage, sollte der milliardenschwere Rettungsplan der französischen Regierung für den angeschlagenen Konkurrenten von der EU genehmigt werden.
Es gilt als sicher, dass die Münchener ein Interesse am Gasturbinen-Geschäft von Alstom haben, nachdem sie bereits die Industrieturbinen von den Franzosen übernommen haben. Darüber hinaus werden Siemens Ambitionen auf Teile der Verkehrstechnik nachgesagt. Ein Konzernsprecher lehnte eine Stellungnahme ab.
Die Siemens-Aktie notierte am Mittag mit 56,85 Euro um 1,7 Prozent im Plus und legte damit in etwa so stark wie der Gesamtmarkt zu.
SCHON SEIT LÄNGEREM SPEKULATIONEN ÜBER EINE KLAGE
"Der Zentralvorstand ist sich einig, im Zweifelsfall wird geklagt", berichtete das "Handelsblatt" am Mittwoch in seiner Internet-Ausgabe. Dies sei am Rande einer Vorstandssitzung in Schanghai verlautet. Offen blieb, gegen wen sich eine Klage richten würde. Derzeit bereist eine Delegation um Siemens-Chef Heinrich von Pierer China, um das hundertjährige Bestehen der dortigen Aktivitäten feiern. Weiter hieß es in dem Artikel, der Konzern lasse bereits von Anwälten in Brüssel die Möglichkeiten einer Klage prüfen. Eine endgültige Entscheidung solle kommende Woche fallen.
Spekulationen über mögliche rechtliche Schritte von Siemens gegen die Europäische Kommission im Falle einer nachteiligen Entscheidung machen seit längerem die Runde.
Nach wie vor verhandelt Frankreich mit der EU über ein staatliches Unterstützungspaket in Höhe von 3,2 bis 4,7 Milliarden Euro - die Höhe schwankt abhängig vom Ansatz der Berechnung. EU-Wettbewerbshüter Mario Monti hatte am Montag erklärt, man habe die Basis für eine Lösung gefunden, es gebe aber noch keine abschließende Vereinbarung. Frankreichs Finanzminister Nicolas Sarkozy hat hingegen bereits verkündet, eine Zerschlagung der französischen Industrieikone Alstom oder die Schließung von Produktionsstätten sei vom Tisch. In mit der Situation vertrauten Kreisen hieß es, zur Rettung Alstoms könnte der französische Staat knapp ein Drittel der Anteile an dem Konzern übernehmen und im Gegenzug Schulden erlassen.
SIEMENS - "ICH KRATZ' MICH, WENN'S MICH JUCKT"
In Kürze soll ein Spitzentreffen zwischen den Regierungen Deutschlands und Frankreichs sowie den Chefs von Siemens und Alstom stattfinden. Im Zentrum sollen dabei industriepolitische Fragen stehen, es dürfte aber auch die Zukunft Alstoms gehen.
Von Pierer hatte Ende April offen gelassen, ob Siemens bei juristische Schritte einleiten wird, sollte der Konzern im Zuge der Rettung Alstoms leer ausgehen. "In Franken sagt man: Ich kratz' mich, wenn's mich juckt", hatte er auf entsprechende Fragen geantwortet. Allerdings hatte er auch mehrfach betont, ein Rettungspaket für Alstom dürfe nicht auf Dauer zu Wettbewerbsverzerrungen führen.
hgn/leh