Biotechnologie schafft neue Arbeitsplätze
Mehr als 80 Prozent der Biotech-Unternehmen in Deutschland stellen in den nächsten drei Jahren neue Mitarbeiter ein. Während sonst eher die Ankündigung von Massenentlassungen Routine ist, schafft die Branche neue Arbeitsplätze. Die Zukunftsaussichten sind gut. So lautet das Ergebnis einer vom Bundesforschungsministerium geförderten Befragung von 570 Biotech-Unternehmen. Das Bochumer IAI (Institut für angewandte Innovationsforschung) hat dazu eine Studie erstellt.
Jedes zweite Biotech-Unternehmen sieht eine positive konjunkturelle Entwicklung in der Branche. Exzellente Forschungsergebnisse und steigende Patentanmeldungen schaffen dafür gute Ausgangsbedingungen. Inwiefern es gelingt, diese Potenziale am Standort Deutschland zu nutzen, hängt von der Kompetenz ab, diese Ergebnisse in neue Produkte und Verfahren zu überführen. Das setzt mehr als hohe Forschungskompetenz voraus.
Die Branche braucht Eliten für die Umsetzung von Innovationen
Nur Umsetzungseliten schaffen die Überführung von naturwissenschaftlich-technischem Erkenntnisgewinn in Produktion und Vertrieb. Zunehmende Engpässe bei naturwissenschaftlich-technischem Fachpersonal drohen für diesen Übergang aber zur echten Wachstumsbremse zu werden, wie eine aktuelle Studie des Bochumer Instituts für angewandte Innovationsforschung (IAI) zeigt.
Die vom Bundesforschungsministerium geförderte Befragung von 570 Biotech-Unternehmen zeigt, dass die Branche nach Finanzierungseinbrüchen und Personalabbau wieder für die Zukunft plant. Fast 40 Prozent der Betriebe suchen schon heute neue Mitarbeiter. In den nächsten drei Jahren wollen über 80 Prozent der Unternehmen diesen Schritt gehen. Gefragt sind neben diplomierten und promovierten Naturwissenschaftlern und Ingenieuren vor allem nicht akademische Fachkräfte. Was die euphorische Diskussion zur Wissensgesellschaft gerne überspielt, wird dabei offenkundig. Wenn exzellente Forschungsergebnisse umgesetzt werden sollen, setzt das Fachkräfte auf gewerblich-technischem Niveau voraus. Mehr als zwei Drittel der Unternehmen wollen technische Assistenten unterschiedlichster Fachrichtungen (BTA, CTA, MTA) einstellen.
Kompetenzengpässe bei Produktion, Vertrieb und Servicefunktionen
Will die Branche den Weg von der international angesehenen Forschungsszene zur impulsgebenden Innovationslandschaft erfolgreich meistern, braucht sie vor allem naturwissenschaftlich-technische Fachkräfte, die nicht nur über fundiertes Fachwissen, sondern vor allem über praktische Erfahrung zum Beispiel beim Aufbau von Produktionsstrecken verfügen. Gerade hier zeichnen sich aber gravierende Kompetenzengpässe ab, die das hohe Wachstumspotenzial der Biotechnologie gefährden. Trotz frei gesetzten Personals aufgrund zahlreicher Unternehmensinsolvenzen und massiver Arbeitslosigkeit unter Naturwissenschaftlern und Ingenieuren hat ein Drittel der befragten Biotech-Unternehmen schon jetzt Schwierigkeiten, kompetentes Personal zu finden. Dies gilt insbesondere für offene Stellen in Tätigkeitsfeldern wie Produktion, Vertrieb und Servicefunktionen, die praktisches Anwendungs- und Umsetzungs-Know-how erfordern. Angesichts der geplanten Einstellungen wird dieses Problem weiter eskalieren.
„Umsetzungseliten“ von morgen sichern Wachstumsprozesse
Die Ursachenanalyse dieses paradoxen Zustands zeigt: Während die Ausbildung wissenschaftlichen Nachwuchses internationales Ansehen genießt, sind für dieses „neue“ Kompetenzniveau, das sich in einem Mittelfeld zwischen der gewerblich-technischen und der sehr theoretisch geprägten universitären Ausbildung befindet, derzeit kaum Aus- und Weiterbildungsstrecken vorhanden. Angesichts wachsender Bedarfe auf diesem Niveau sind massive Beeinträchtigungen bei den Wachstumsprozessen der Biotech-Unternehmen bereits abzusehen. Professor Bernd Kriegesmann (Leiter des IAI) warnt: „Wenn die hoch gesteckten Erwartungen an die Biotechnologie erfüllt werden sollen, muss man sich viel intensiver mit der Weiterentwicklung der „Umsetzungseliten“ von morgen beschäftigen!“.
(Aus November 2005)