desto stärker offenbart sich, wie zäh die Schuhsohle ist, auf der die Richter und Richterinnen rumkauen müssen.
Bei der Anhörung im Dezember hatte ein Scotus-Richter gefragt: "How can we unscramble that egg?"
(scrambled eggs = Rühreier)
Auf Deutsch heißt das so viel wie: "Wie kriegen wir die Zahnpasta in die Tube zurück?"
Das ist normalerweise ein Ding der Unmöglichkeit, und dies wollte der Richter damit wohl auch zum Ausdruck bringen. Im Zweifel obsiegt die normative Kraft des Faktischen, Unrecht hin oder her.
Es dauert deshalb so lange, weil es um Hunderte Milliarden Dollar geht und mancher in der Regierung meint, eine Art Gewohnheitsrecht am unrechtmäßigen Besitz dieses letztlich gestohlenen Geldes zu haben. Da Scotus-Urteile normalerweise einen Kompromiss bilden, werden dabei höchstwahrscheinlich auch diese Leute partiell "bedient".
D.h. Scotus wird sicherlich nicht Hera rückgängig machen und den Stand vor 2008 wiederherstellen.
Dass Mnuchin am Ende von Trumps Amtszeit kniff, lag zum einen an den deutlich überhöhten EK-Anforderungen Calabrias (der damit die Freilassung praktisch verhindern will), zum anderen aber auch daran, dass es für Mnuchin politisch schädlich gewesen wäre, zum Abschluss seiner Tätigkeit als Finanzminister die "Beute" der Regierung (SPS, Warrants) "einfach mal eben so" per Unterschrift preiszugeben, ohne im Gegenzug zumindest einen Anerkennungsgewinn herausgeholt zu haben (z. B. die Warrants-Ausübung). Mnuchin hätte dabei nur verlieren können, und das wäre auch für seine anschließende Tätigkeit als HF-Manager nicht vorteilhaft gewesen.
Außerdem wird von Scotus ein wichtiger Präzedenzfall gesetzt. Womöglich ist künftig eine Zwangsverwaltung mit nur einem Direktor, der nur aus schwerwiegendem Grund entlassen werden kann (wie der FHFA-Direktor) rechtlich nicht mehr zulässig. Manche Kritiker sagen, die FHFA sei ein "Staat im Staate", ein Art unkontrollierte vierte Gewalt, die tun und lassen kann was sie will, ohne der Regierung, dem Präsidenten, den Aktionären oder sonstwem Rechenschaft schuldig zu sein. Und diese Allmacht hat Calabria bekanntlich zur Knebelung von FnF missbraucht, die treuhändischen Sorgepflichten eines Zwangsverwalters verletzend.
Ich glaube, dass es eher ein positives Zeichen für die Aktionäre ist, wenn sich die Urteilsfindung so lange hinzieht. Denn je später die Entscheidung kommt, desto mehr Gewicht erhält sie. Und je mehr Gewicht sie erhält, desto sattelfester muss sie sein. Niemand soll im Nachhinein mutmaßen, dass die Richter nicht mit größter Sorgfalt und unter Berücksichtigung aller Aspekte zu ihrer Entscheidung gekommen seien.
Dessen ungeachtet gibt es wenig Platz für Träumereien.
Vermutlich werden Collins und Co. die APA-Klage gewinnen (95 % Wahrscheinlichkeit), danach wird der Fall an das Gericht in Texas zurückverwiesen. Das Texas-Gericht dürfte die Vorgabe von Scotus umsetzen, die SPS für abgezahlt zu erklären. Scotus ist aber nicht dafür zuständig, Summen für die Schadensregulierung festzulegen (z. B. ob die 29,5 Mrd. $ Überzahlung, die laut Collins besteht, als Steuergutschrift ausgezahlt wird). Scotus fällt nämlich nur Richtlinien-Entscheidungen. Das Gericht in Texas dürfte frühestens im Herbst und laut dem neuesten Bradford-Artikel (gestern erschienen bei SA) spätestens Anfang nächsten Jahres zu einem Ergebnis kommen, in dem auch die Summen festgelegt werden.
Bei der Verfassungsklage liegt die Gewinnchance für Collins und Co. hingegen nur bei etwa 35 %. Würden die Collin-Kläger hier überraschend gewinnen, wäre der SPS sofort aus der Welt, weil damit nämlich sämtliche Entscheidungen jetziger und ehemaliger FHFA-Direktoren, mithin auch das 3. Amendment von 2012, rückwirkend für nichtig erklärt würden.
Scotus dürfte der Regierung in diesem Punkt allerdings nicht in den Rücken fallen. Eine Krähe hackt der anderen kein Auge raus. Genauso, wie die Ausübung der Warrants eine Ungerechtigkeit gegenüber den Altaktionären darstellt (aber mMn dennoch durchgeführt wird), würde die Scotus-Abweisung der Verfassungsklage dazu dienen, der Regierung "Anerkennungsgewinne" zukommen zu lassen.
Wer "pure Gerechtigkeit" erwartet, die alles Unrecht bei FnF rückabwickelt, dürfte auch von Scotus enttäuscht werden, womöglich sogar bitter.