FTD 04.04.2006
Lauern auf den großen Brocken
Experten halten den weltgrößten Mobilfunkkonzern Vodafone für ein Schnäppchen. Weder die Zerschlagung durch Finanzinvestoren noch einen Weiterverkauf in Paketen schließen sie noch aus.
Vodafone-Reklame in Japan.Es wird nicht lange dauern, bis Finanzinvestoren den Stift spitzen", hatte ein Branchenkenner vor zwei Wochen prophezeiht. Damals stand der Börsenkurs des weltgrößten Mobilfunkkonzerns Vodafone bei 130 Pence. Inzwischen ist er auf 121 Pence abgerutscht - ein Börsenwert von nur noch 73 Mrd. £ (104 Mrd. Euro). Je stärker Vodafone bei der Marktbewertung von seinen Rivalen abgehängt wird, desto dringender stellt sich die Frage: Ist der Konzern, der in 27 Ländern 170 Millionen Kunden bedient, in seine Einzelteile zerlegt viel mehr wert als am Stück?
Finanzinvestoren, die Vodafone kaufen und zerlegt weiterverkaufen könnten, wird Interesse für die gesamte Gruppe nachgesagt seit dem Verkauf der krisengeschüttelten Japan-Tochter Vodafone KK an US-Beteiligungsfirmen. Ein potentieller Kaufpreis von 100 Mrd. £ macht in der Londoner City die Runde.
Arun Sarin, Vodafone-ChefDas britische Unternehmen, das derzeit unter einem Machtkampf in der Führungszentrale leidet, hat selbst vorgemacht, wie seine Zukunft aussehen könnte. "Wie problemlos Vodafone seine Japan-Tochter über ihrem Marktwert los wurde, dürfte Finanzinvestoren nicht entgangen sein", sagte Robert Grindle, Analyst bei Dresdner Kleinwort Wasserstein (DKW), der eine Übernahme für ambitioniert, aber nicht unmöglich hält. Er nahm an, dass der aufgeteilte Konzern 190 Pence pro Aktie wert sei. "Für einige Landestöchter dürfte es Kaufinteressenten geben. Theoretisch müsste genug Bereitschaft vorhanden sein, eine Barofferte zwischen 166 und 180 Pence anzunehmen", urteilte auch Credit Suisse First Boston (CSFB) in einer Analyse. Vodafone-Chef Arun Sarin schürte in den Augen von Marktbeobachtern das Szenario einer Zerlegung, indem er auch eine Trennung von seiner US-Tochter nicht eindeutig ausschließen wolle. Inzwischen gelten sogar die Beteiligungen der Briten in Australien und Südafrika nicht mehr als unantastbar.
Hürden für die Übernahme
Allerdings gibt es Hürden für eine Übernahme. Vodafone hat zwar keinen dominierenden Aktionär, was den Plan erleichtern würde. Nach Angaben von CSFB wäre ein klassischer so genannter Leveraged Buyout jedoch nicht möglich. Dabei würde das Unternehmen mit riskanten Schulden in Höhe des vier- bis fünffachen Ertrags belastet, um den Deal zu finanzieren. "Das wäre zu groß", urteilte die Bank, die kalkulierte, dass ein Bieterkonsortium bis zu 92 Mrd. £ an Schulden aufnehmen müsste.
"Wäre Vodafone nicht so groß, hätten Finanzinvestoren längst geboten", sagte ein britischer Branchenkenner mit Verweis auf den enormen Cashflow des Konzerns, der 2005 bei 8,5 Mrd. £ lag und die Schulden finanzieren könnte. Dem Verkauf in Paketen steht zumindest die Marke nicht im Weg. "In Japan wird die Marke verschwinden. In Deutschland nennen viele Kunden den Konzern immer noch D2, nicht Vodafone. Der Börsenwert spricht derzeit nicht für eine sehr starke Weltmarke", sagte der Experte.
"Die Bieter müssten nicht 100 Mrd. £ zusammenbekommen. Sie könnten sich die Kontrolle mit einem kleinen Anteil sichern", sagte DKW-Analyst Grindle. Eine Summe von 30 Mrd. £ könne hierfür schon ausreichen. Ein ähnlicher Deal, bei dem ein Finanzkonsortium den größten britischen Privatsender ITV nur zu 48 Prozent kaufen wollte, habe das Eis für solche Modelle gebrochen. Schließlich werde nicht nur Vodafone durch Verkäufe von Unternehmensteilen an der Börse immer leichter, sondern auch der Kauf des Konzerns.
Aus der FTD vom 04.04.2006
© 2006 Financial Times Deutschland, © Illustration: AFP